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Wie 50 gewilderte Alpensalamander zur Hoffnung werden

Kompetenzzentrum Alpensalamander

Die Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen hat in Kooperation mit Citizen Conservation (CC) sowie dem Erlebnis-Zoo Hannover ein Kompetenzzentrum Alpensalamander geschaffen, um die Geheimnisse der Haltung und Vermehrung dieser hochalpinen Amphibienart zu lüften, die gerade eben zum „Lurch des Jahres 2026“ ausgerufen wurde.
Alpensalamander

Ein dunkles Geheimnis im Keller

Im Herbst 2024 wurden in einem Keller einer Privatperson mehrere Dutzend Alpensalamander behördlich beschlagnahmt. Sie waren zuvor illegal in den italienischen Alpen abgesammelt worden.
Es handelte sich dabei um Exemplare von drei extrem seltenen und vom Aussterben bedrohten Arten bzw. Unterarten dieser Amphibien, die ausschließlich in wenigen abgelegenen Tälern in alpinen Höhenlagen vorkommen. Der zur Hilfe gerufene Salamander-Experte und Privathalter Uwe Seidel reagierte umgehend und informierte Citizen Conservation über den Fund:
„Mir war sofort klar, dass diese Tiere einen unschätzbaren Wert für die Arterhaltung haben und unbedingt in ein Schutzprojekt gehören.“
Alpensalamander, Foto: © Florian Brandes

Der Aurora-Alpensalamander hat Reste der gelben Warnfärbung seiner Vorfahren erhalten. © Florian Brandes

Eine Rückführung in den ursprünglichen Lebensraum kam nach Rücksprache mit den zuständigen Artenschutzbehörden nicht in Frage. Gleichzeitig ist die Lage dieser Alpensalamanderformen ohnehin schon so prekär, dass es zu ihrem Erhalt dringend geboten ist, ein Nachzuchtprogramm in menschlicher Obhut aufzubauen.
Zunächst einmal jedoch ging es darum, die Tiere, die zum Teil in sehr schlechtem Gesundheitszustand waren, zu stabilisieren. Uwe Seidel nahm sich auf Bitte der Naturschutzbehörde dieser Aufgabe an. Über ein halbes Jahr lang päppelte er die in erwachsenem Zustand gerade einmal 15 cm großen Pfleglinge auf. Währenddessen suchte CC nach geeigneten Institutionen, die Willens und in der Lage wären, entsprechende Räumlichkeiten und Personal zur Verfügung zu stellen, um in das Projekt einzusteigen.
Nach Zustimmung durch den für den Fall verantwortlichen Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) konnte mit den Vorbereitungen begonnen werden.
Ziel war es, das Risiko auf zwei Standorte zu verteilen, die in der Nähe von Uwe Seidel liegen sollten, weil wir auf seine Expertise in Sachen Salamanderhaltung nicht verzichten wollten. Dass sich der Erlebnis-Zoo Hannover und die Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen sofort entschieden haben, mitzumachen, war ein absoluter Glücksfall.

Björn Encke, Geschäftsführer von Citizen Conservation

Hochgebirgsspezialisten

Die aus Gebirgslagen stammenden Alpensalamander brauchen es kalt. Entsprechend wurde im Zoo ein Kellerraum vorbereitet – und in Sachsenhagen gleich ein ganzer Bunker.
30 Becken für den Arterhalt. Die neu errichtete Alpensalamander- Zuchtstation in der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen © Citizen Conservation

30 Becken für den Arterhalt. Die neu errichtete Alpensalamander- Zuchtstation © Citizen Conservation

Auf unserem Gelände stehen eine ganze Reihe alter NATO-Munitionsbunker. In diesen liegen die Temperaturen ganzjährig zwischen 5 und 14 Grad. Das sind ideale Voraussetzungen für Alpensalamander, die eine kühle Haltung mit starker nächtlicher Absenkung der Temperaturen wie in den Alpen benötigen und auch noch einen großen Teil des Jahres in Winterruhe verbringen.

Florian Brandes, Leiter der Wildtier- und Artenschutzstation

Mit finanzieller Hilfe von Citizen Conservation konnte in wenigen Wochen eine Haltungsanlage aufgebaut werden, streng nach den Vorgaben von Uwe Seidel: „Wir wissen so gut wie nichts darüber, was Alpensalamander brauchen, um nicht nur gesund zu bleiben, sondern auch zur Paarung zu schreiten – da werden wir vermutlich einiges ausprobieren müssen, um zum Erfolg zu kommen.“
Ein Alpensalamader

Lanzas-Alpensalamander © Florian Brandes

Fortpflanzung

Die Fortpflanzung bei Alpensalamandern ist extrem langwierig und langsam. Diese Amphibien sind lebendgebärend. Sie bringen alle zwei bis vier Jahre nur je zwei Jungtiere zur Welt. Der Grund dafür ist die Kälte in ihrem Lebensraum. Im Hochgebirge steigen die Temperaturen nur wenige Monate im Jahr auf ein für wechselwarme Tiere wie die Salamander zuträgliches Maß, den Rest des Jahres verbringen sie in Winterstarre. Diese Zeit würde nicht reichen, um Larven oder gar Eier abzusetzen, die sich dann, wie bei den meisten anderen heimischen Amphibien, im Wasser entwickeln. Angesichts dieser Wetteraussichten ist es also die bessere Wahl, nur sehr wenige Jungtiere direkt im Mutterleib auszutragen.
Diese hochspezialisierte und zeitaufwändige Reproduktion macht den Alpensalamander gleich doppelt anfällig.
Ein Alpensalamader

Pasubio-Alpensalamander © Florian Brandes

Gefährdungsfaktoren

Zum einen können Wilderer den Bestand durch das Absammeln auch von relativ wenigen Individuen empfindlich schädigen, zum anderen macht diese Anpassung an die Verhältnisse im Hochgebirge sie besonders empfindlich gegenüber klimatischen Schwankungen, wie sie in der Folge des Klimawandels zu erwarten sind. Hinzu kommt seit einigen Jahren eine weitere Gefahr durch den nördlich der Alpen grassierenden Salamanderfresser-Pilz, der in den Feuersalamanderbeständen Europas zu erschreckenden Massensterben führt. Verbreitet wird der Pilz auch über seine Sporen, die in Schlamm, an Pflanzen oder Tieren halten können – beispielsweise an den Schuhen von ebenjenen Schmugglern, die illegal Lurchen hinterherjagen.

Haltung
rettet Arten

Die Bedrohungslage des Alpensalamanders ist sehr ernst. Wir haben jetzt die Chance, die Tiere unter kontrollierten Bedingungen zu erforschen und zu vermehren, um ein Aussterben zu verhindern.

Kurator Robin Walb aus dem Erlebnis-Zoo Hannover

Zoo-Kurator Robin Walb
So könnten nach Möglichkeit später einmal Tiere wieder in geeigneten Lebensräumen angesiedelt werden. Mit dem Kompetenzzentrum Alpensalamander in Niedersachsen ist hierzu ein erster Schritt getan.
Amphibium Hannover
Amphibium Hannover

Haltung rettet Arten: Im Amphibienhaus "Amphibium" im Erlebnis-Zoo Hannover wird die Bedeutung von Nachzuchten deutlich.