Studentin Lena Ullrich erforscht das Verhalten der Giraffen im Zoo

Giraffen im Blick

Forschung & Wissenschaft

Verhaltensforschung bei den Giraffen im Zoo

Wer im Sommer 2025 an der Giraffenanlage am Sambesi vorbeigekommen ist, hat sie vielleicht entdeckt: Lena Ullrich. Mit Fernglas, Tablet, einem kleinen Hocker und Sonnenhut oder Regenschirm und mit ganz viel Geduld sitzt die Lehramtsstudentin fast täglich am Rand der Anlage.
Ihr Ziel: das Verhalten der Nord-Giraffen „Niobe“ und „Jamila“ – und ihrer tierischen Mitbewohner – ganz genau zu erforschen. Für ihre Abschlussarbeit verbindet sie Biologie und Zoopädagogik miteinander.  
Studentin Lena Ullrich erforscht das Verhalten der Giraffen im Zoo
Studentin Lena Ullrich erforscht das Verhalten der Giraffen im Zoo

Alltag einer Verhaltensforscherin: Studentin Lena Ullrich am Rand der Giraffenanlage

Giraffe im Zoo Hannover

Faszination Giraffe 

„Ich mag Giraffen einfach unheimlich gerne“, berichtet Lena Ullrich lachend.
Für ihre Abschlussarbeit im Master für Biologie auf Lehramt an der Leibnitz-Universität Hannover wollte sie daher unbedingt mit den hochgewachsenen Tieren arbeiten. Das die Wahl auf den Erlebnis-Zoo Hannover fiel, war schnell klar: „Hier werden Giraffen gehalten, ich studiere in Hannover – und der Zoo bietet ideale Bedingungen für spannende Beobachtungen.“
Mit Unterstützung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Dr. Marina Scheumann und der Referentin für Forschung des Zoos, Kathrin Röper, fand sich schnell ein spannendes Forschungsthema.  
Sie wirken oft ruhig, lieb und etwas träge – aber man unterschätzt sie leicht. Sie können auch sehr wehrhaft sein. Gerade dieser Gegensatz macht Giraffen für mich so spannend.

Studentin Lena Ullrich

 Alltag einer Verhaltensforscherin 

Von Mitte Juli bis Anfang September saß Lena Ullrich an fast jedem Wochentag von 9:30 bis 16:30 Uhr an der Giraffenanlage. Mit einem speziellen Beobachtungsbogen in einer App hielt sie fest, wo sich die Tiere aufhielten und was sie taten: essen, ruhen, gehen, trinken. Alle zwei Minuten ein Klick – und am Ende viele tausend Datenpunkte.  
Anlage der Giraffen im Zoo Hannover
Erfassungsprogramm zur Verhaltensforschung der Giraffen im Zoo

Wo hält sich welches Individuum auf der Anlage auf? Festgehalten im Beobachtungsbogen

Mich interessiert, wie die Tiere ihre Anlage nutzen. Gibt es Lieblingsplätze? Meiden sie bestimmte Bereiche, zum Beispiel die Nähe zur Anlage der Löwen? Bisher sieht es so aus, dass die Anlage vollständig genutzt wird.

Individuen erkennen – gar nicht so einfach 

Damit ihre Beobachtungen zuverlässig bleiben, muss Lena Ullrich die einzelnen Tiere auseinanderhalten können.

Giraffenkühe

Bei den Giraffen ist das vergleichsweise einfach „Niobe hat ein sehr dunkles, fast schwarzes Fellmuster, während Jamila deutlich heller ist.“
Giraffenkuh "Niobe"
Giraffenkuh "Jamila"

Giraffenkuh "Niobe" (links) und "Jamila" (rechts)

Pferdeantilopen und Blessböcke

Schwieriger wird es bei den Blessböcken oder Pferdeantilopen. Dort achtet die Studentin auf feine Details: die Form der Hörner, kleine Unterschiede in der Blesse oder charakteristische Fellzeichnungen.  
Pferdeantilope "Gina"
Pferdeantilope "Loreley"

Pferdeantilope "Gina" (links) und "Loreley" (rechts)

Blessbock "Jenny"
Blessbock "Emma"

Blessbock "Jenny" (links) und "Emma" (rechts)

Springböcke

Am kniffligsten sind allerdings die Springböcke: „Die sehen sich wirklich extrem ähnlich. Deshalb arbeite ich mit festgelegten Datenpunkten für die Gruppe der Tiere, die ich in die App eintragen kann.“  
Bei der Unterscheidung der Tiere haben ihr auch das Tierpflege-Team wertvolle Tipps gegeben: Jede und jeder hat seine ganz eigene Art, die Tiere auseinanderzuhalten – etwa durch kleine Eigenheiten im Verhalten oder winzige Unterschiede im Aussehen. „Das hat mir sehr geholfen, meinen Blick zu schulen“, berichtet Lena Ullrich. 
Springböcke im Erlebnis-Zoo Hannover
Studentin Lena Ullrich erforscht das Verhalten der Giraffen im Zoo

Am kniffligsten zu unterscheiden: Die Springböcke auf der Anlage

Am Anfang ist das wirklich knifflig – aber wenn man einmal den Blick dafür entwickelt hat, erkennt man die Tiere immer schneller. Ohne mein Fernglas wäre es aber oft kaum möglich.
Giraffen

Überraschende Beobachtungen 

Bei all der Systematik gab es auch viele Aha-Momente: „Sehr spannend fand ich, dass die Giraffen die Springböcke manchmal regelrecht ärgern: Sie laufen durch ihre Ruheplätze und scheuchen sie auf – immer wieder.“ Auch die beiden Giraffen-Weibchen überraschen sie: „Niobe und Jamila suchen oft Nähe zueinander und reiben die Hälse aneinander.“ Neue Dinge auf der Anlage wecken ebenfalls Neugier und zeigen den unterschiedlichen Charakter der Nord-Giraffen: „Als der neue Futterkorb aufgehängt wurde, war Niobe sofort da. Jamila hat sich hingegen über eine Stunde nicht getraut. Ähnlich war es Anfang August mit dem neuen Azubi im Tierpflege-Team“, berichtet sie lachend.  
Anlage der Giraffen im Zoo Hannover
Auch Wetter und Tageszeit spielen eine Rolle:
„Bei Regen suchen die Giraffen Schutz unter den Bäumen. Und ab 17 Uhr kann man beobachten, wie die Tiere gewissermaßen ‚wissen‘, dass es Zeit wird, in den Stall zu gehen.“ 

Warum Verhaltensforschung wichtig ist  

„Verhaltensforschung bedeutet, Tiere möglichst unbeeinflusst zu beobachten und daraus Schlüsse zu ziehen“, erklärt die Studentin. „Das ist wichtig, um ihre Bedürfnisse besser zu verstehen, ihre Haltung in Zoos zu optimieren – und auch, um den Artenschutz zu unterstützen.“ 
Denn Giraffen gelten in ihrem ursprünglichen Lebensraum als stark gefährdet. „Umso wichtiger ist es, mehr über sie zu lernen. Nur so können wir dazu beitragen, dass sie langfristig überleben.“ 

Sinnes- und Verhaltensbiologie an der TiHo Hannover

Giraffen im Lebensraum

Stark bedroht: Giraffen im Lebensraum

Die Nord-Giraffe
ein Symbol für den Artenschutz 

Giraffe Kopf
Im Erlebnis-Zoo Hannover leben zwei Nubische Giraffen (Giraffa camelopardalis camelopardalis), früher als Rothschild-Giraffen (Giraffa camelopardalis rothschildi) bekannt. Die Nubische Giraffe ist dabei eine Unterart der Nord-Giraffe (Giraffa camelopardalis), welche mit nur noch etwa 6.000–7.000 Tieren in der Wildbahn zu den am stärksten gefährdeten Giraffenarten zählt. Mit ihren braunen Flecken auf cremefarbenem Hintergrund und den bis zu fünf „Hörner“ unterscheiden sie deutlich von anderen Arten. In der Wildbahn sind diese Giraffen stark gefährdet, da Lebensraumverlust, Wilderei und Konflikte mit Menschen ihre Population stark einschränken.  
Der Zoo arbeitet eng mit dem WWF im Team Giraffe Hannover zusammen. Während der Erlebnis-Zoo Hannover Haltung, Zucht und Forschung betreuen, unterstützt der WWF Schutzgebiete in Kenia, um den natürlichen Lebensraum der Giraffen zu erhalten. Diese Kombination aus Forschung, Pflege und internationalem Artenschutz ermöglicht es, wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in den Schutz der Tiere einfließen zu lassen.  

Team Giraffe Hannover

Mit einer Mitgliedschaft im Team Giraffe Hannover unterstützten Sie die Giraffen direkt – im Zoo und in ihrem Lebensraum in Afrika. So helfen Sie aktiv mit, diese majestätischen Tiere für kommende Generationen zu bewahren.  

Tipps für Zoobesucherinnen und -besucher

Wer die Giraffen im Erlebnis-Zoo Hannover beobachtet, sollte sich Zeit nehmen. „Viele bleiben nur kurz stehen und gehen dann weiter, weil scheinbar ‚nichts passiert‘. Aber wer fünf Minuten länger schaut, entdeckt erstaunlich viel“, berichtet Lena Ullrich.  
1
Auf das Kauverhalten achten – wie die Giraffen wiederkäuen, ist spannend zu beobachten. Man kann bei ganz genauem Hinsehen sogar sehen, wie das Essen den Hals runtergeschluckt oder hochgewürgt wird. 
2
Rangordnung erkennen – wer weicht wem aus, wer behauptet sich? 
3
Details entdecken – etwa die Zunge der Giraffen, die so lang sind, dass sie sich damit sogar das Gesicht putzen können.  
4
Überraschung am Rande: „Viele glauben die größten Kot-Haufen auf der Anlage stammen von den Giraffen. Tatsächlich ist ihr Kot sehr klein – die großen Haufen gehören zu den Pferdeantilopen,“ berichtet sie grinsend. 
Ihr wichtigster Rat: „Ob Giraffen, Erdmännchen oder Flusspferde – nehmt euch Zeit. Wer genauer hinschaut, merkt schnell: Tiere Wirken vielleicht auf den ersten Blick still oder unscheinbar, doch oft passiert im Hintergrund etwas Faszinierendes. Gerade in diesen stillen Momenten entstehen die eindrucksvollsten Beobachtungen – kleine Wunder, die man leicht verpasst, wenn man zu schnell weitergeht.“  
Flusspferd im Zoo Hannover
Erdmännchen im Zoo Hannover

Auch spannend zu beobachten: Die Flusspferde und Erdmännchen im Zoo

Ausblick und Fazit 

Noch ist Lena Ullrichs Forschung nicht abgeschlossen – die Auswertung ihrer Daten steht noch bevor. Doch schon jetzt zeigt sich, wie wertvoll solche Studien sind: Sie geben Einblicke in das Verhalten der Tiere, helfen, ihre Haltung weiter zu optimieren und liefern wertvolle Impulse für Bildung und Artenschutz.  
Studentin Lena Ullrich erforscht das Verhalten der Giraffen im Zoo
Glühbirne Idee

Forschen im Zoo 

Der Erlebnis-Zoo Hannover versteht sich nicht nur als Ort für Erholung und Entdeckungen, sondern auch als Partner für die Wissenschaft. Studierende und Forschende, die an Projekten rund um Tierverhalten, Artenschutz, Bildung oder Nachhaltigkeit arbeiten möchten, sind herzlich eingeladen sich an den Zoo zu wenden. Gemeinsam lassen sich spannende Ideen entwickeln – für mehr Wissen und Schutz gefährdeter Arten.  
Giraffe im Zoo

September 2025 - CM